barner 16 ist ein inklusives Netzwerk professioneller Kulturproduktionen in Hamburg-Altona. Hervorgegangen aus den Aktivitäten der 1989 gegründeten Band Station 17, entwickelten sich daraus über die Jahre mit der Gründung immer neuer Teilprojekte das Netzwerk in seiner heutigen, vielfältigen Form.
So wurde aus der Einzelinitiative Station 17 mit dem Einbezug immer neuer Mitwirkender und deren Ideen das umfassende Netzwerk barner 16. barner 16 war einer der Pioniere des Modells „Künstlerarbeitslatz“, in dem Menschen mit Handicap im Rahmen des Systems Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) als Profi-Künstlerinnen und -Künstler tätig sein können. Seit 2000 ist das Projekt eine Betriebsstätte der alsterarbeit gGmbH und bietet seither gemäß SGB IX Arbeitsplätze in unterschiedlichsten künstlerischen Sparten für Menschen (mit Behinderung) an, die Anspruch auf einen Werkstattarbeitsplatz haben und die eine künstlerische Tätigkeit ausüben möchten.
Zusätzlich zu den Mitteln aus der Eingliederungshilfe ist barner 16 sehr aktiv im Bereich Fundraising/Sponsoring und stellt regelmäßig Anträge bei Institutionen der Kulturförderung. Neben der Maßnahmeform WfbM partizipieren auch Menschen im Rahmen der Maßnahmeform Tagesförderung an den künstlerischen Projekten. 2014 war barner 16 eines der ersten Hamburger Unternehmen, das einen ehemalig Beschäftigen im Rahmen des Hamburger Budgets für Arbeit eingestellt hat.
Als inklusives Netzwerk werden gleichermaßen Kunstschaffende ohne Handicap angesprochen, die dauerhaft als Angestellte oder freie Mitarbeitende sowie im Rahmen von Kooperationen mitwirken. Dabei handelt es sich um Kunstschaffende, die in unterschiedlichsten Szenen bereits professionell tätig sind, dort umfangreiche Erfahrung gesammelt haben und oft über einen künstlerischen Hochschulabschluss verfügen. In der Institution wirken allerdings auch zahlreiche Studierende verschiedener Studiengänge vor allem in Form längerfristiger Praktika mit (Kunst, Soziales).
In seiner Zusammenstellung und Ausgestaltung ist barner 16 ein in Deutschland einzigartiges Projekt: Nur hier werden z. B. künstlerische Arbeitsplätze in den Bereichen Musik und Film/Medien für Menschen angeboten, die einen Anspruch auf Werkstattarbeitsplätze haben. Daher bewerben sich immer wieder Menschen mit und ohne Handicap aus ganz Deutschland um Arbeitsplätze innerhalb des Projekts. barner 16 ist häufig Ziel von Besuchergruppen aus unterschiedlichen Bereichen (Hochschulen und Universitäten, Berufsschulen, Einrichtungen der Behindertenhilfe, Stiftungen usw.) und inspiriert noch immer Kulturschaffende zur Gründung neuer inklusiver Bands sowie Projekte und erfüllt so eine wichtige Multiplikatoren-Funktion. Die inhaltliche Vielfalt, die immer wieder neue Optionen der Zusammenarbeit auch innerhalb des Netzwerks eröffnet, ermöglicht in der Kombination mit der eigenständigen Vermarktung beispielsweise durch das Label, die künstlerischen Arbeitsplätze für Menschen mit und ohne Handicap dauerhaft anzubieten.
Insgesamt sind es derzeit ca. 80 feste und freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit und ohne Handicaps, die mit Bands auftreten, Theater spielen, Musik produzieren oder auf Tour gehen. Sie entwickeln Bühnenproduktionen und Tanzperformances, schreiben Texte, drehen Kurzfilme und Musikvideos u. v. m. Dabei sind im Laufe der Zeit die folgenden Projekte entstanden:
- die Bands: Station 17, The Living Music Box, kollektiv barner 16, Turiazz, kUNDEkOENIG, Assistenzbedarf, Sandy u. a. m.
- der Chor: der barner 16-Chor sounddrops
- das Theaterensemble: Meine Damen und Herren
- das Filmkollektiv: von der rolle sowie Videoproduktion 17motion
- die Textildruckwerkstatt: Sieben, mit angeschlossenem Atelier und Laden
- die Literaturwerkstatt: Storyteller
- das Musiklabel: 17records
- die Konzertagentur: 17booking
- das Digitalisierungsstudio: 17digital
- das Labor für künstlerische Experimente, das primär mit Menschen mit Schwerstmehrfachbehinderung arbeitet
- die inklusive Disco im Musikclub KIR: TANZBAR
Hinzu kommen immer wieder temporäre Projekte, meist im Zusammenhang mit einem der Kooperationspartner.
Kooperationen bei barner 16
barner 16 verfolgt mit allen Projekten weiterhin das schon bei Station 17 angelegte Ziel, unterschiedlichste Menschen auf Augenhöhe in einem künstlerischen Arbeitsprozess zusammenzubringen, in dem sie gleichberechtigt ein gemeinsames Produkt entwickeln. So möchten wir mit eigenständigen künstlerischen Positionen einen Beitrag zum kulturellen Leben leisten, aber auch den Abbau von Vorurteilen und ein positives Miteinander fördern und langfristig zur gesellschaftlichen Entwicklung hin zu Inklusion beitragen. Um dieses Ziel zu erreichen, ist die Zusammenarbeit mit externen Akteuren – insbesondere aus dem Kulturbetrieb, aber auch aus dem Bildungssystem für die inklusive Ausrichtung – unerlässlich für den künstlerischen Erfolg von barner 16. Daher ist die Zusammenarbeit mit unterschiedlichsten Kooperationspartnern, wie Kulturinstitutionen (Theater, Musik-Clubs, Festivals etc.), Künstlerinnen und Künstlern, Hochschulen und Universitäten, Verbänden u. v. a. von Beginn an eine wesentliche konzeptionelle Säule von barner 16. So werden immer wieder externe Kunstschaffende zur Mitwirkung an Produktionen eingeladen, wie z. B. bei Kooperationen von Station 17 mit teils sehr renommierten Bands oder bei der Theaterproduktion schwarzweiss, an der sieben externe Regisseurinnen beteiligt waren. Dabei können oft die Kontakte der bei barner 16 in ganz unterschiedlichen künstlerischen Szenen beschäftigten Kunstschaffenden genutzt werden.
Immer wieder ergeben sich aus solchen zunächst projektbezogenen Kooperationen langfristige Zusammenarbeiten, die vielfach zu neuen Projekten, oftmals auch in den „eigenen“ Projekten der externen Kunstschaffenden, und langfristigen Partnerschaften führen.
Auch dies entspricht einem Kerngedanken von
barner 16, im Sinne der Nachhaltigkeit, Projekte nicht als abgeschlossene Einheiten
zu konzipieren, sondern sie so zu denken, dass sie immer auch den Kern einer
neuen Idee in sich tragen. Die bei barner 16 entstehenden Produktionen
werden dabei auch immer im sogenannten „regulären Kulturbetrieb“ und in ihrem
jeweils üblichen Kontext präsentiert, um so die Grenzen einer speziellen
„Outsider-Kunst“ aufzubrechen und auch ein solches Publikum zu erreichen, das
sich ansonsten nicht mit inklusiven Kulturprojekten bzw. dem Thema Behinderung
beschäftigen würde. So wird über den Kontext der Behindertenhilfe hinaus eine
breite Öffentlichkeit angesprochen und das Projekt medial entsprechend
wahrgenommen. Ziel dabei ist es, ohne den sogenannten „Behinderten-Bonus“ als
Künstler bzw. Künstlerin anerkannt und ernst genommen zu werden und inklusive
Entwicklung im Arbeits- und Kulturleben aktiv mitzugestalten. Grundlegend
hierfür sind der professionelle Rahmen und die künstlerische Qualität, die
diese Anerkennung sowie eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe ermöglichen. Durch
deutschlandweite Konzert-Tourneen und Konzerte bei teilweise sehr großen
Festivals, wie dem „Hurricane“ oder „Dockville Festival“ sowie Gastspiele an
überregionalen Theatern und Festivals (FFT Düsseldorf, „Grenzenlos Kultur
Festival“, Mainz, „Les Théâtres de la Ville de
Luxembourg“ etc.) erreichen die Kulturproduktionen von barner 16 so
dauerhaft eine breite Öffentlichkeit und stehen regelmäßig im medialen
Interesse.
Insbesondere im Bereich der Musik ist über die Jahre ein vielfältiges und belastbares Netz aus befreundeten Bands und anderen Musikschaffenden, aber auch Clubs, Festivals, Journalistinnen und Journalisten etc. gewachsen, auf dessen Basis neue Projekte realisiert und überregionale Tourneen geplant werden können. In ähnlicher Weise pflegt das Theaterensemble Meine Damen und Herren enge Kontakte zu freien Theatern und Festivals in Hamburg und in ganz Deutschland. Darüber hinaus gestalten barner-16-Projekte immer wieder gesellschaftliche und politische Anlässe, wie z. B. das Sommerfest des Bundespräsidenten oder den Kirchentag. Besonders breite Aufmerksamkeit erhielt sicherlich die Kampagne der Aktion Mensch „Inklusion braucht Fragen / Wie viel Rock’n’Roll geht mit Behinderung?“, an der Philip Riedel und die Band Station 17 mitgewirkt haben. Neben Plakaten und der Internetpräsenz war es dabei besonders der Videoclip, der in Kinos, aber auch in diversen TV-Kanälen geschaltet war und so ein großes Publikum erreichte. Die Kampagne entsprach dabei genau dem Grundgedanken von barner 16, als „Botschafter für Inklusion“ diese Idee auf eine positive, moralinfreie und freudvolle Art zu präsentieren.
In der jüngeren Vergangenheit haben aber auch die Kooperationen im Bildungsbereich immer mehr zugenommen: Gerade bei Bühnenproduktionen hat sich die Zusammenarbeit mit Kindern und Jugendlichen in den letzten Jahren deutlich intensiviert. Beispielsweise entstand „Die Geschichte vom Fuchs, der den Verstand verlor“, ein Theaterstück in dem das Thema Demenz kindgerecht bearbeitet wurde, in enger Zusammenarbeit mit Kitas aus dem Stadtteil. Das Theaterstück wurde außerdem so gestaltet, dass es unkompliziert direkt in Kitas und Schulen aufgeführt werden kann, um es auf diese Weise möglichst oft spielen zu können.
Die Produktion „HEXFLASH.RECOVER G:\IMM“, die der Fonds Soziokultur mit dem „Innovationspreis Inklusion“ ausgezeichnet hat, entwickelte barner 16 gemeinsam mit Jugendlichen von lukulule e. V., einem Verein, der Kulturprojekte mit sogenannten benachteiligten Jugendlichen durchführt.
Bei der aktuellen Kindertheater-Produktion „Gans der Bär“ arbeitet das Ensemble Meine Damen und Herren sowohl mit Mitgliedern von Hajusom!, dem Theater mit jugendlichen Flüchtlingen, als auch mit verschiedenen Grundschulen zusammen. Außerdem engagiert sich barner 16 verstärkt im öffentlichen Programm, das die Zusammenarbeit von Kultur und Schule fördern soll. Im Rahmen des „Kulturagenten“-Programms entstand so in Zusammenarbeit der Videoabteilung 17motion mit der Stadtteilschule Barmbek ein Filmprojekt. Aber auch im Bereich wöchentlicher Angebote verstärkt barner 16 immer weiter die inklusive Zusammenarbeit und Kooperationen über die Grenzen des eigenen Projekts hinaus: So findet die Literaturwerkstatt Story-Teller mittlerweile als offenes Angebot für alle Literatur-Interessierten statt und in Kooperation mit K3 – Zentrum für Choreografie wurde ein wöchentliches inklusives Profi-Tanztraining in den Proberäumen des Theaters etabliert, an dem auch externe professionelle Tanzende teilnehmen. Ziel ist hier, neben dem Aspekt der Inklusion insbesondere auch eine verbesserte Qualität der Aus- und Weiterbildung für die Beschäftigten zu erreichen, die so die Möglichkeit haben, an einem hochwertigen Angebot aus dem regulären Kulturbetrieb teilzunehmen.
Speziell für jüngere Beschäftigte läuft eine Kooperation mit der Online-Plattform „Mein Testgelände“, die Text-, Bild- und Videobeiträge von barner-16-Kunstschaffenden mit dem Schwerpunkt auf „jugendliche Themen“ veröffentlicht.
Aber auch in Bezug auf die Räumlichkeiten spielt das Thema Kooperation eine wichtige Rolle. So konnten z. B. aufgrund der langjährigen Zusammenarbeit mit dem Theaterprojekt Hajusom! für unbegleitete Flüchtlinge ein Mietzuschuss mit der Kulturbehörde verhandelt und die bisherigen Räumlichkeiten fast verdoppelt werden.
Auch perspektivisch zielt barner 16 darauf ab, auf der Basis von Kooperationen immer neue Projekte zu entwickeln, die das Netzwerk lebendig halten und sich auf künstlerische wie gesellschaftliche Entwicklungen der Gegenwart und Zukunft beziehen. Eine wichtige Zukunftsaufgabe wird es z. B. sein, dem Wunsch von jungen Menschen mit Handicap nach einer fundierten künstlerischen Ausbildung und mehr Inklusion Rechnung zu tragen und dafür auf der Basis von Kooperationen Lösungen zu entwickeln.
Eine umfangreiche Zusammenarbeit mit ganz unterschiedlichen Kooperationspartnern ist hier sowohl wegen der im Kulturbetrieb unabdingbaren Kontakte und des regelmäßigen Austauschs, der die künstlerische Arbeit des Netzwerks auf diese Weise immer aktuell und am Puls der Zeit hält, als auch wegen der Verstärkung inklusiver Strukturen weiterhin von größter Relevanz.
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