Menschen hinter dem heimischen Ofen hervorzulocken und für Kultur zu begeistern? Kulturthemen ein attraktives und unverwechselbares Gesicht in der Öffentlichkeit geben, wie gelingt das?
Das Was bedenke, mehr das Wie …
(Johann Wolfgang von Goethe)
Wer sich auf eigene Stärke, auf professionelle Kreativität besinnt, die unabhängig vom Thema, von der Tagesform, von der Zusammensetzung der Gruppe von allen Hindernissen erlaubt, Berge zu versetzen, weiß, dass es auf kompetentes Teamwork ankommt. Gemeinsam lassen sich auch herausfordernde Gegebenheiten zu Vorteil und zum Fortkommen besser nutzen.
KULTUR lässt sich aufschlüsseln als:
K | = | Kommunikation im |
U | = | Umgang mit |
L | = | Leidenschaft zur |
T | = | Teilhabe und zum |
U | = | Umnutzen als |
R | = | Reflexion von Ist – Soll – Kann |
Kultur hat das
Potenzial weiterzuführen, mehr zu sein als Zeitfenster für Abwechslung,
Entspannung vom Alltag, Kurzurlaub durch Unterhaltung. Kultur kann Rückbesinnung
auf urmenschliche Eigenschaften bedeuten, Sinnfragen stellen, Zusammenleben
bereichern, bleibende Werte schaffen. Apropos Werte: Die interessieren die
Geldgebenden auch als messbare Erfolge für Kulturinvestitionen. Deshalb: Wie
viel Kultur kann sich ein Land oder eine Kommune denn erlauben?
Inklusion als Teil der Kultur
Jeder Mensch trägt Kultur in sich. Diese These kann den Blick ändern: auf die eigene Familie, das eigene Land, auf religiöse und soziale Wurzeln, auf die Achtsamkeitskultur im Umgang mit der eigenen Persönlichkeit. Kultur kann Brücken bauen. Sie kann sogar tiefe, identitätsstiftende Erfahrungen vermitteln. Darin ist auch Potenzial für eine neue Umgangskultur mit Gehandicapten.
Der Inklusionsbegriff im Sinne der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen (UN-BRK) definiert: Inklusion schafft eine Kultur der Menschenwürde, der Selbstbestimmung und der Teilhabe. Sie lässt es zu, aktiv Wertschätzung zu erfahren. „Inklusion durch Kultur“ erinnert daran, dass das Leben und eine Gesellschaft erst durch die Individualität eines jeden Menschen reich werden kann. Und da nützt ja die Haltung des Landschaftsverbands Rheinland (LVR): „Gemeinsam anders.“ Voraussetzungen ist, dass jede und jeder das eigene körperliche Potenzial und die vorhandenen geistigen Fähigkeiten ausschöpfen kann. Dafür braucht es Raum und Zeit. Zu den Zielen gehört, neue Perspektiven in der Kulturkommunikation zu schaffen. Sich Zeit nehmen und Zeit geben für die vielen kleinen und großen Geschichten von Kulturschaffenden – wo immer sie sind. Zeit ist hierzulande ein knappes Gut. Und der Raum in den Medien ist nur begrenzt vorhanden. Also ist ein Schlüssel für Inklusion, gute Vorarbeit zu leisten, damit Kulturbotschaften in die Öffentlichkeit transportiert werden können.
Welche Fragen helfen, in die Schuhe des Gegenübers zu steigen:
- Was kann Medienmenschen und was kann genau die Rezipientinnen und Rezipienten an einer Geschichte interessieren?
- Was macht eine Meldung oder eine Geschichte spürbar spannend, damit die Message möglichst viele erreichen kann?
- Wie kann die Geschichte für diejenigen schmackhaft gemacht werden, die in der jeweiligen Kultursparte nicht zuhause sind?
- Wie wird eine Botschaft „unvergessbarer“ – über den Anlass hinaus?
- Was macht die Persönlichkeiten von Künstlerinnen und Künstlern und von Macherinnen und Machern besonders faszinierend?[1]
Kommunikation gelingt, wenn beide Füße des Austauschs gleich berücksichtigt sind, wie es nach Goethe auf den Punkt formuliert ist: „Das Was bedenke, mehr das Wie …“ Wie gelingt es, Botschaften noch attraktiver zu verpacken? Klar: Seriosität und Korrektheit sind Grundvoraussetzungen. Humor und Heiterkeit können zu mehr Langzeitwirkung verhelfen. Dazu können Zitate, Anekdoten oder Skurriles schon in Pressetexten nutzen. Und wichtig ist das Erschließen: Was ist die Hidden Agenda und was die Backstage-Story? Darin liegt die Chance, eigene Messages selbst konstruktiv pflanzen zu können. Also statt Negativ-Aussagen wie „Die Presse ist beim Thema Ballett ja immer zurückhaltend oder desinteressiert“, lieber um Rat fragen, wie zum Beispiel: „Was halten Sie für die erfolgversprechendste Idee, verschlossene Hirne und Herzen am besten fürs Ballett von Menschen mit und ohne Behinderungen zu öffnen?“ Oder statt des Ausspruchs „Uff, gleich fünf parallele Kulturveranstaltungen am Wochenende“ würde ein Satz neugierig machen wie „Kultur im Kontext von Kunstschaffenden mit sehr unterschiedlichen Möglichkeiten und Fähigkeiten lässt neue meist verblüffende Erkenntnisse zu, die auch für unseren Alltag von großer unschätzbarer Bedeutung sein können.“
Aus der ModerationsAkademie für Medien + Wirtschaft der
Journalistin, Moderatorin und Buchautorin Carmen Thomas stammen Gedanken und
Methoden, die helfen können, in der eigenen inneren Haltung offener zu werden.
Die Werkzeugsätze zu den Methoden können fast wie kleine Schalter wirken, die
in Hirn und Herz immer wieder erstaunliche Veränderungen beim Kommunizieren
bewirken können, mit dem Ziel, die „systematische Gruppen-Klugheit“ mit sieben
Optimier-Haltungs-Sätzen erzeugen zu lernen.
- „Zulassen statt Zumachen.“ (Sich erst mal für alles öffnen lernen; auch Kritik ist ja erst mal ein Außenspiegel für eigene tote Winkel.)
- „Addieren statt konkurrieren.“ (Dazu kann auch die strategische Zusammenarbeit unterschiedlicher Kultureinrichtungen gehören, um der Kultur mehr Bedeutung in Redaktionsbüros zu verschaffen.)
- „Verwerten statt bewerten.“ (Egal, wie die Umstände sind: mit Profi-Kompetenz lässt sich aus allem etwas Kreativ-Konstruktives machen, was weiterführt. Nach Paul Watzlawick gilt die Einsicht: Man kann nicht nicht kommunizieren. Engagement ist wie eine Saat, die ein paar Monate braucht, um zu keimen und Früchte hervorzubringen.)
- „Umnutzen statt „runterputzen.“ (Stets bedenken, dass Gegenwind dazugehört. Das Ziel vor Augen gilt es, selbst zu überprüfen, wie der Wind nutzen kann. Dann Segel neu setzen. Mit Windrichtung kreuzen. Und zielstrebig weiter vorankommen.)
- „Interessiert mich statt kenn ich.“ (Wer Sonnenuntergänge liebt, wird sich bemühen, sie immer wieder neu zu erleben. Genauso bietet jede Nachricht, jede Aktion und Reaktion die Chance, im scheinbar Bekannten Neues zu entdecken. Und genau das gilt es, für die Öffentlichkeitsarbeit ansprechend nutzbar zu machen.)
- „Ahhhhh statt oooh.“ (Fehler, Fehlerhaftes, Unvollkommenes als bedeutsame Quelle von Erfahrung und als Schlüssel zu echten Innovationen nutzen können – das ist von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen, von Kulturschaffenden, von Denkerinnen und Denkern mit Erfindungen zu lernen. Geschlechterunterschiede zu machen, kann dabei neue Einsichten verschaffen und helfen, Verschiedenheit als Wert verstehen und addieren zu lernen.)
- „Kapieren durch Kopieren.“ (Öffentlichkeitsarbeit so machen wie Menschen in der Kunst und in der Musik lernen: Erst mal in der Meisterklasse nachmalen und nachspielen, von hervorragenden Menschen durch achtsames Hören, Zuhören, Reflektieren systematisch dazulernen, um sich dann mit einem eigenen Stil immer weiterzuentwickeln.) (Zitate Thomas 2018)
Die „5 K–Optimier-Kompetenzen“ zur Entwicklung von erfolgreicher Kommunikation (Ebd.)
- Kommunizieren ist mehr als Reden und Schreiben: „Alles spricht“.
- Kooperieren bedeutet, zusammen mehr bewirken können.
- Koordinieren: Prozesse der Zusammenarbeit innerhalb des Hauses und mit den Partnerinnen und Partnern in der Medienbranche noch informativer und effektiver verzahnen.
- Koagieren bewirkt zu lernen, wie alle Kolleginnen und Kollegen und die Medien-Partnerinnen und -Partner konstruktiv mitmachen und etwas beitragen können. Denn: „Keine-r ist so klug wie alle.“
- Kompostieren: mit dieser Kompetenz gelingt es, jeden Mist zu fruchtbarem Humus zu machen, auf dem alles besser gedeiht. Denn: „Dung ist Dünger.“
Ein Beispiel aus der Praxis: Zusammenarbeit mit Lokalsendern
Der Beginn eines Jahres ist eine passende Gelegenheit für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, sich zu einem Jahresauftakt mit den Medienschaffenden zu treffen. Das kann ganz offiziell im Rahmen einer Pressekonferenz geschehen oder inoffiziell im Rahmen eines persönlichen Gesprächs. Hier lohnt es, die Highlights des Jahres zu beleuchten und über Veränderungen und Entwicklungen zu berichten. Wer sich dabei selbst genauso nach Prozessen und Rahmenbedingungen in den Redaktionen erkundigt, kann Hilfreiches erfahren.
Beispiel: Bei einem dieser Treffen war von einem hiesigen Lokalsender zu erfahren, dass es großes Interesse an den Kulturinhalten der Gold-Kraemer-Stiftung gab. Umso überraschender, dass zu den meisten Presse-Einladungen selten jemand von dort erschienen war. Auch über die Pressemitteilungen war wenig berichtet worden. Der Grund: Der Sender war zwar interessiert, hat aber zu wenig Personal, um Pressetermine wahrzunehmen. Neue Vereinbarung: Analog einer Pressemitteilung inklusive der Pressefotos für die Zeitungen bekam der Sender ab sofort jeweils zur Pressemitteilung kurze O-Töne als MP3-File mitgeliefert. Die sind dann für einen gebauten Beitrag oder eine Nachrichtenmeldung einsetzbar. Ein hocheffektives Verfahren und in Zeiten von Smartphones eine einfache Herausforderung.
Noch so ein Satz aus der ModerationsAkademie: „Versuch macht klug – Vergleich macht reich.“ Daher die Einladung, Neues auszuprobieren und Wege konsequent anders zu gehen, dabei aber immer wieder mutig Neuland betreten – das gehört mit zur Kunst und Kultur von Pressearbeit.
Literatur
- Thomas, Carmen (2018): „7 Sätze – 7 Schätze als Schlüssel zur Gelassenheit in Beruf und Alltag“. ModerationsAkademie für Medien + Wirtschaft, Herbst 2018 (unveröffentl. Manuskript).
[1] Hier als Beispiel aus einem scheinbar ganz anderen Bereich PR und Marketing auf neuen Wegen: die Warteschleife der Urologie Stühlinger, siehe https://m.soundcloud.com/jonas-fritzsche-1/warteschleife [letzter Zugriff: 21.03.2018]
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