Die Freiheit der akademischen Lehre ist seit den Zeiten des Nationalsozialismus ein hohes Gut. Niemand kann Institutionen des tertiären Bildungsbereichs wie Universitäten, Fachhochschulen sowie Kunst- und Musikhochschulen dazu zwingen, bestimmte Inhalte zu vermitteln.
Dies ist im Grundgesetz Artikel 5 Abs. 3 verankert: „Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.“
Die Freiheit der Lehre entbindet die Hochschulen allerdings nicht von dem Auftrag, für die Bedarfe der Gesellschaft auszubilden. Ausbildung für „Inklusion“ bestand als Bedarf längst vor der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention; seit 2009, dem Jahr der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention, wird es allerdings immer schwieriger, den Bedarf „Inklusion“ als Ausbildungsinhalt zu verdrängen, zumal die Bundesregierung über die gesellschaftlichen Fortschritte in Sachen Inklusion in regelmäßigen Abständen vor der UN-Kommission in Genf berichten muss.
Im Kontext der Arbeit des Netzwerks Kultur und Inklusion haben sich Junior-Prof. Dr. Juliane Gerland und Sisko Zielbauer, Wissenschaftliche Mitarbeiterin, beide Universität Siegen, mit der Frage befasst, ob und wie sich das Thema Inklusion in künstlerischen und lehrerausbildenden Studiengängen für künstlerische Unterrichtsfächer findet.
Warum behandeln Hochschulen in ihren Studiengängen das Thema Inklusion? Die Gründe sind unterschiedlich. Traditionelle Fachbereiche der Heil- und Sonderpädagogik haben ein genuines Interesse an der Ausbildung von Studierenden, die Menschen mit Beeinträchtigung in ihren Teilhabemöglichkeiten in allen Gesellschaftsbereichen unterstützen. Lehrerausbildende Studiengänge werden – hier steht der gesellschaftliche Auftrag über der Freiheit der Lehre – durch Lehrerausbildungsgesetze zur Berücksichtigung des Themas Inklusion angehalten. Künstlerische Studiengänge mögen sich betroffen fühlen oder nicht – künstlerisch-pädagogisch ausgerichtete Studiengänge sind es in jedem Fall. Die Praxis verlangt Kompetenzen im Bereich des Unterrichtens von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung in künstlerischen Disziplinen und im Bereich des gemeinsamen Lernens.
Wie viele Hochschulen bieten Lehre im Bereich Inklusion an? In der Bundesrepublik gibt es zum Zeitpunkt der Untersuchung – 2016 – 401 Hochschulen an 651 Standorten mit 18.573 Studiengängen. Davon befassen sich 148 Hochschulen mit Kunst/Kultur und Inklusion. Festgestellt wurde dies über
- Inklusionsrelevante Veröffentlichungen von Lehrenden,
- Homepages der Hochschulen,
- Vorlesungsverzeichnisse und Modulbeschreibungen,
- Hochschul-Organigramme,
- Begriffsrecherche im Internet.
Wie wird Lehre im Bereich Inklusion sichtbar?
Das Themenfeld Inklusion nutzt eine Vielfalt von Begrifflichkeiten; ebenso nutzen die Institutionen Begriffe in unterschiedlicher Weise. Es gibt Institute, die den Begriff Inklusion in ihrem Namen führen wie das Institut für Waldorfpädagogik, Inklusion und Interkulturalität; gleichzeitig gibt es Institutionen wie die Technische Universität Dortmund, die Ostbayerische Technische Hochschule Regensburg oder die Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg, deren Namen ihre Verbindung mit Ausbildungsinhalten zum Thema Inklusion nicht nahelegen.
Sichtbar wird die Lehre letztendlich über Modulbeschreibungen und die Beschreibungen von Lehrveranstaltungen.
Als Ergebnis der Recherche liegt eine Datei vor, die Institutionen und Lehrinhalte benennt. Die Datenbank erhebt weder den Anspruch auf Vollständigkeit noch den Anspruch auf ein Abbilden der Wirklichkeit. Sie ist im Kontext des Netzwerks Kultur und Inklusion entstanden und kann als eine erste materielle Grundlage für weitere Untersuchungen dienen.
Die Internetadresse:
Weitere Informationen:
- Deutsches Institut für Menschenrechte, Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention
- Hochschulen in Deutschland
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