Der BFDK ist der Bundesverband der freien darstellenden Künste[1], einer der beiden tragenden Säulen der bundesdeutschen Theaterlandschaft. 1990 als Bundesverband Freier Theater gegründet, gehört er zu den großen Theaterverbänden Deutschlands. Als Dachverband der 16 Landesverbände und dreier assoziierter Verbände vertritt er auf Bundesebene die Interessen von über 2300 Mitgliedern (Theater- und Tanzhäuser, Kollektive und Einzelakteurinnen und -akteure). Insgesamt repräsentiert der BFDK rund 25 000 Theater- und Tanzschaffende in Deutschland.
Dabei fungiert er als starker Impulsgeber für Diskurse, fördert den fachlichen Austausch, bietet Qualifizierungsangebote für seine Mitglieder, informiert die Öffentlichkeit und berät mit seiner Expertise Politik, Verwaltung und Wirtschaft. Der BFDK engagiert sich zudem in zahlreichen Initiativen, Verbänden und Gremien auf nationaler und internationaler Ebene.
Zentrale Anliegen des BFDK sind die Steigerung der öffentlichen Wahrnehmung der freien darstellenden Künste, die gesellschaftliche Anerkennung der Leistungen der Akteurinnen und Akteure, eine Erhöhung des Verständnisses für die Arbeitspraxis der freien Szene, die nachhaltige Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen der Tanz- und Theaterschaffenden, die Entwicklung und Implementierung verbindlicher sozialer Mindeststandards, die stärkere Einbindung der freien darstellenden Künste in Forschung, Lehre und Ausbildung sowie die Förderung der europäischen und internationalen Vernetzung.
Versammlung und Teilhabe – die freien darstellenden Künste
Die gegenwärtige Landschaft der darstellenden Künste in Deutschland wird in ihrer ästhetischen und räumlichen Ausformung immer vielfältiger. Wachsende Mitgliedszahlen der Landesverbände sowie statistische Erhebungen zeigen den steten Anstieg des Anteils der professionellen darstellenden Künstlerinnen und Künstlern, die frei produzieren. Eine Entwicklung, die hinsichtlich ihres Potenzials für eine offene Gesellschaft und mit Blick auf die wachsenden Herausforderungen an ein Theater von morgen weiter an Bedeutung gewinnt. Die frei produzierenden darstellenden Künste bringen neue Narrative hervor, die von der Komplexität des Zusammenlebens erzählen und auf ein vielschichtiges Publikum hin orientiert sind.
Die freien darstellenden Künste entwickeln stetig neue Formate und Denk-richtungen und schaffen wichtige Verbindungslinien zwischen Kunst und Gesellschaft. Themenstellungen wie Inklusion, Kulturelle Bildung, Integration und soziale Teilhabe sind längst wesentliche Fragestellungen der theatralen Situation geworden. Künstlerische Formate wie Versammlungen und temporäre Gemeinschaften erproben und reflektieren demokratisches Verständnis und Handeln. Dabei haben sich die Möglichkeitsräume der Sichtbarmachung deutlich ausgeweitet und eine enorme Vielfalt der darstellenden Künste hervorgebracht – weit über das topografische Verständnis von Bühne hinaus. Mit der Einbeziehung der öffentlichen sowie digitalen Räume als Orte der Partizipation und neuer ästhetischer Strategien wurden die Grenzen der Aufmerksamkeit für das Theater aufgebrochen und ein Dialog zwischen Zuschauenden und Akteurinnen und Akteuren aus verschiedenen kulturellen und sozialen Räumen initiiert.
Kunst, die sich als Impulskraft für gesellschaftliche Entwicklung begreift und an die Gemeinschaft appellieren kann, braucht Autonomie. Freiräume ermöglichen den kritischen Reflexionsraum sowohl für die Befragung und Weiterentwicklung der eigenen Praxis als auch zur Verortung im gesamtgesellschaftlichen Gefüge. Teilhabeprozesse, Diversität und kollektive Arbeitsweisen sind hierbei maßgebliche Faktoren. Starke Interessenvertretungen können diese Freiräume erwirken und schützen sowie durch ein breites Netzwerk an Partnern den Bedürfnissen verschiedenster Akteurinnen und Akteuren anpassen.
In diesem Sinne wird im Folgenden eine Auswahl der konkreten gegenwärtigen Arbeitsfelder des BFDK erläutert.
Die Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Lage der Tanz- und Theaterschaffenden ist eines der wichtigsten Themen des BFDK. Die meisten Künstlerinnen und Künstler verfügen heute über einen Hochschulabschluss, sie sind hoch qualifiziert. Sie haben spezifische künstlerische Fähigkeiten und Fertigkeiten erworben und damit die persönliche Grundlage für ein erfolgreiches Berufsleben gelegt. Trotz ihrer hohen Qualifikation verfügen sie aber oftmals nur über ein bescheidenes Einkommen und arbeiten unter risikoreichen Bedingungen.
Selbstständige oder befristet angestellte Künstlerinnen und Künstler gelten seit Ende der 1980er
Jahre auf den expandierenden Arbeitsmärkten von Dienstleistungen, Medien,
Wissenschaft sowie Kultur
und Kunst als Proto-
typen neuer Selbst- und Einzelunternehmerinnen
und -unternehmer. Sie zeichnen
sich durch Flexibilität, Mobilität, Parallelarbeit und
ein hohes Maß an Risikobereitschaft aus, können
sich aber nur behaupten, wenn sie über ihre berufliche Qualifikation hinaus
Zusatzkompetenzen wie Selbstvermarktungs- und Selbstorganisationsfähigkeiten entwickeln.
Professionelle freie Künstlerinnen, Künstler und Kulturschaffende arbeiten vorwiegend projektbezogen. Ihre Arbeit ist von einem hohen Grad an Selbstbestimmung in Bezug auf Gegenstand, Arbeitsweise und Arbeitskonstellationen geprägt. Die Ausübung ihrer künstlerischen Praxis erfolgt oft hauptberuflich und ist Arbeits- und Lebensmittelpunkt.
Um soziale Mindeststandards sicherzustellen, empfiehlt der BFDK seit Oktober 2015 eine Honoraruntergrenze[2]. Diese bezieht sich auf den Manteltarifvertrag, der im Bereich der institutionellen Theater zwischen den Tarifparteien verabschiedet und regelmäßig angepasst wird. Aktuell empfiehlt der BFDK eine Honoraruntergrenze von 2490 Euro im Monat für Berufsgruppen mit Versicherungspflicht in der Künstlersozialkasse (KSK) sowie von 2875 Euro im Monat für Berufsgruppen, bei denen eine soziale Absicherung über die KSK nicht möglich ist. Diese Empfehlungen dienen als Richtschnur für Honorare von Einsteigerinnen und Einsteigern bzw. Anfängerinnen und Anfängern und gehen von einer durchgehenden Beschäftigung aus. Im November 2017 wurden auch Empfehlungen für Vorstellungs- und Probenhonorare verabschiedet.
Der BFDK ist außerdem aktiv im Feld der Aus- und Weiterbildung, um auch in diesem Bereich die Grundlagen für praxisnahe Rahmenbedingungen zu implementieren. Mit dem Sonderprojekt „ON THE ROAD“[3] konnten beispielsweise maßgeschneiderte Qualifizierungsangebote in verschiedenen Regionen Deutschlands angeboten und eine Übersicht bestehender Fort- und Weiterbildungsangebote[4] entwickelt werden.
Auch braucht es eine vielschichtige und an dem dynamischen künstlerischen Schaffen orientierte strukturelle Stärkung und Förderung der freien darstellenden Künste[5]. Zu den wichtigen Eckpfeilern gehören dabei die Schaffung von Freiräumen für die künstlerische Forschung sowie die Stärkung des kontinuierlichen künstlerischen Produzierens über Einzelprojekte hinaus, wie zum Beispiel durch Konzeptförderung. Dazu gehören aber auch starke freie Institutionen als Ort der Produktivität und Kooperation sowie vernetzte Plattformen, die eine bundesweite Sichtbarkeit ermöglichen.
Eine wesentliche Forderung des BFDK (vgl. 2018a) ist die transparente und paritätische Besetzung von Jurys und Gremien. Um die Diversität der Szene adäquat abzubilden und entsprechende Expertise auch in den Vergabeverfahren zu verankern, ist die Besetzung von Gremien nach entsprechenden Kriterien der Diversität unabdingbar.
Vor allem auch im Bereich der Kulturellen Bildung (BFDK 2018b) gilt es, Förderinstrumente zu schaffen und Akteurinnen und Akteure nachhaltig zu unterstützen. Der BFDK ist Bündnispartner im Programm „Kultur macht stark“ und hat mit seinem Jurymodell im Kontext des Förderprogramms „tanz + theater machen stark“[6] ein sehr ausdifferenziertes und dezentral angelegtes Juryverfahren entwickelt. Außerdem ist es Anliegen des BFDK, Rahmenbedingungen für Kulturelle Bildung als lebenslange Praxis im Sinne einer Kultur von, für und mit allen Menschen zu etablieren.
Festivals der freien darstellenden Künste/Gesprächsreihe des BFDK
Die Festivals der freien darstellenden Künste bilden in ihren Programmen die große Heterogenität der Szene ab und liefern zahlreiche Beispiele für vielfältige und diverse künstlerische Ansätze, ob transkulturell, inklusiv oder im Kontext digitaler Aneignung. Auch der Austausch der Festivalleitungen untereinander, wie beispielweise im offenen Zusammenschluss der regionalen Festivals (hier vertreten sind „6 tage frei“[7], Stuttgart; „Performings Arts Festival“[8], Berlin; „Rodeo“[9], München; „FAVORITEN“[10]; NRW und „Hauptsache Frei“[11], Hamburg) schafft einen fruchtbaren Boden für zeitgemäße Programmgestaltung und Festivalkonzepte.
Der BFDK ist regelmäßig Kooperationspartner verschiedener Festivals wie beispielsweise auch vom Festival „IMPULSE“[12]. Im Jahr 2018 fand eine Gesprächsreihe zu dem Thema „Verbände und Verbündete – who is talking“ statt, die bei insgesamt fünf Festivals zu Gast war.
Unter dem Themenkomplex Zeitgemäße Verbandsarbeit wurden vor allem strukturelle Herausforderungen diskutiert und Ansätze für transparente und effektive Vertretungsansätze beleuchtet. Der Abbau von Zugangshürden und die stärkere Etablierung von Diversität in Verbänden wurden ebenso erläutert wie Herausforderungen von ehrenamtlichen Strukturen. Dabei wurde deutlich, dass sich die Mitglieder der Landesverbände der freien darstellenden Künste sowie das Programm der freien Gruppen und Theater bereits durch ein hohes Maß an Heterogenität auszeichnen und Themen wie Inklusion und transkulturelles Arbeiten vielerorts seit Langem Gegenstand der Verbandsarbeit sind.
Ein weiteres Themenfeld war und ist die gesellschaftspolitische Positionierung der freien darstellende Künste im Sinne der Gestaltung von Teilhabeprozesse, solidarischen Strukturen und dem Modellcharakter der Arbeitsweisen und -strukturen.
2019 findet die Gesprächsreihe des BFDK unter dem Motto „Was wir wissen wollen – Ausbildung im Praxischeck“[13] in Kooperation mit den Festivals „Hauptsache Frei“ (Hamburg), „6 tage frei“ (Stuttgart), „Performing Arts Festival“ (Berlin), „IMPULSE“ (NRW) und „MADE“[14] (Hessen) statt.
Allianzen und Partnerschaften
Neben vielen weiteren Themenfeldern ist es vor allem die Reflexion und Gestaltung konstruktiver Netzwerk- und Bündnisarbeit im Bundesgebiet, die Ausgangspunkt der Arbeit des BFDK ist – als Dachverband der Landesverbände der freien darstellenden Künste und als Bündnispartner, sowohl von der Allianz der Freien Künste als auch dem Aktionsbündnis Darstellende Künste (dem auch der Bund der Szenografen, der Deutsche Bühnenverein, die Dramaturgische Gesellschaft, die GDBA, das ensemble-netzwerk, das regie-netzwerk, Pro Quote Bühne, art but fair, flausen+ und der Fonds Darstellende Künste sowie die Allianz der Freien Künste angehören) und im Austausch mit anderen Netzwerken, wie EUCREA[15] oder dem Fachverband gender_diversity[16].
Der BFDK hat beispielsweise die Allianz der Freien Künste[17] mitinitiiert und das Entstehen des bundesweiten Zusammenschlusses von mittlerweile 15 Bundesverbänden der freien Künste (Stand Herbst 2018, mittlerweile 18 Mitglieder) maßgeblich mit vorangetrieben. Im Rahmen der Allianz der Freien Künste wurden zu acht Themen Kernforderungen formuliert, die vor allem die sozialen und rechtlichen Rahmenbedingungen künstlerischen Schaffens betreffen.
Starke Allianzen und belastbare Netzwerke, sowohl innerhalb als auch außerhalb der eigenen Sparte, liefern wertvolle Impulse, bündeln Themen und unterstützen die Ausdifferenzierung und Konkretisierung von Handlungsfeldern und Arbeitsprozessen und ermöglichen solidarische Ansätze kulturpolitischer Arbeit.
Literatur
- BFDK (Bundesverband Freie Darstellende Künste e. V.) (2018a): Förderung der freien darstellenden Künste. Position https://darstellende-kuens-te.de/images/Positionen_des_BFDK.F%C3%B6rderung_der_freien_darstellenden_K%C3%BCnste.pdf [Zugriff: 26.05.2019].
- BFDK (Bundesverband Freie Darstellende Künste e. V.) (2018b): Kulturelle Bildung. Position https://darstellende-kuenste.de/images/BFDK_Positionen_Kulturelle_Bildung.pdf [Zugriff: 26.05.2019].
[1] Siehe www.darstellende-kuenste.de.
[2] Siehe https://darstellende-kuenste.de/de/themen/soziale-lage/diskurs/honorar untergrenze.html
[3] Siehe https://darstellende-kuenste.de/de/akademie.html
[4] Siehe https://darstellende-kuenste.de/de/service/gut-zu-wissen/aus-und-weiterbildung-allgemein.html
[5] Siehe https://darstellende-kuenste.de/de/themen/foerderstrukturen.html
[6] Siehe https://darstellende-kuenste.de/de/tanz-theater-machen-stark.html
[7] Siehe www.6tagefrei.de
[8] Siehe https://performingarts-festival.de
[9] Siehe www.rodeomuenchen.de/rodeo
[10] Siehe www.favoriten-festival.de
[11] Siehe www.hauptsachefrei.de
[12] Siehe www.impulsefestival.de
[13] Siehe https://darstellende-kuenste.de/de/verband/projekte/1477-gespraechsreihen-und-diskussionsveranstaltungen.html
[14] Siehe www.made-festival.de
[15] Siehe www.eucrea.de
[16] Siehe www.gender-diversity.de
[17] Siehe www.allianz-der-freien-kuenste.de
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