Worum geht es im Kontext Ausbildungsstruktur für künstlerisches Tätigsein von und mit Menschen mit Behinderung? Geht es um berufsunabhängige Bildung im Sinne kultureller Bildung? Geht es um eine berufsvorbereitende oder berufliche Ausbildung mit dem Ziel einer Berufs- und Erwerbstätigkeit im Bereich Kunst und Kultur? Geht es um berufliche Weiterbildung im Sinne des lebenslangen Lernens?
Einführendes zum Themenfeld
Von welcher Qualifikationsebene und von welchem Qualifikationsniveau ist jeweils die Rede? Geht es um die Entwicklung der individuellen künstlerischen Kompetenz und/oder um das Erreichen formaler Qualifikations- bzw. Zertifizierungsstandards?
Ausbildung im Kontext Inklusion geschieht im künstlerisch-kulturellen Feld auf drei Ebenen. Eine erste Ebene ist die künstlerische Ausbildung von Menschen mit Behinderung selbst, die zweite Ebene ist die Ausbildung der Lehrenden, die Menschen mit Behinderung künstlerisch ausbilden und die dritte Ebene ist die Qualifizierung der (Hochschul-)Lehrenden, die wiederum für das Unterrichten von Menschen mit Behinderungen ausbilden. „Vom Kopf her begonnen“ bedeutet dies die inklusionsorientierte Aktualisierung und Veränderung von Hochschulcurricula im künstlerischen, kulturvermittelnden und kulturwirtschaftlichen Bereich, „von den Füßen her gedacht“ bedeutet dies einen sorgfältigen und ruhigen Blick auf die Kompetenzen und Entwicklungsmöglichkeiten von Menschen mit Beeinträchtigung.
Künstlerische Qualifikation von Menschen mit Behinderung
Ziel von künstlerischer Aus- und Weiterbildung und künstlerischer Qualifikation ist künstlerische Qualität in Verbindung mit der Entwicklung des individuellen Potenzials der Person – und nicht ausschließlich die formale Zertifizierung. Dies gilt im Grunde für das gesamte Feld Kunst und Kultur. Voraussetzung für eine inklusionsorientierte Entwicklung des Feldes Kunst und Kultur ist zunächst die umfassende Dekonstruktion und Neuaushandlung eines Normbegriffs, wie dies in inklusiv-kulturellen Kontexten in Großbritannien geschieht.
Qualifizierung von Lehrenden
Die Qualifizierung von Lehrenden im Bereich der Kunst- und Kulturvermittlung meint im Wesentlichen zwei Bereiche:
Zum einen geht es um die Kompetenz der Vermittler in der Arbeit mit und in heterogenen Gruppen. Zum anderen geht es darum, die Perspektiven der Kunst- und Kulturschaffenden mit Behinderung einzunehmen, deren individuelle Bedarfe zu erkennen, die Eigenverantwortlichkeit zu stärken und partizipatorische Perspektiven für die angestrebte künstlerische Tätigkeit zu entwickeln.
Die Arbeitsgruppe fasst Vorstellungen, Forderungen und Wünsche bezüglich inklusionsorientierter Entwicklung im Feld Kunst und Kultur auf verschiedenen Ebenen zusammen:
Ausbildungsstätten und Kulturinstitutionen
- Zugang von Künstlerinnen und Künstlern mit Beeinträchtigung zu Akademien/staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen und Ausbildungsstätten
- Kooperationen von Kultur- und Ausbildungsinstitutionen
- Einrichtung von Koordinationsstellen für die Entfaltung aktiven Musizierens
- Ausbildungsmöglichkeiten und Weiterbildung für Menschen mit Behinderung in integrativen/inklusiven Theatern
- Weiterbildung für den gesamten Kulturbereich im Themenfeld Barrierefreiheit und Partizipation von Menschen mit Behinderung
- Einrichtung von Praxisformen/Laboren an (Kunst)Hochschulen und Unis als Begegnungs-, Lern- und Forschungsart
Wünsche an die gesellschaftliche und politische Entwicklung
- Reduzierung des Vermarktungsdrucks
- Information und Sensibilisierung der Öffentlichkeit
- Sichtbarkeit unterschiedliche Menschen als Schauspieler in Film und Fernsehen
- Aufnahme der Beschäftigung, Berufsausübung und aktiven Präsentation von Künstlerinnen und Künstlern in das Teilhabegesetz
- Neustrukturierung von Förderprogrammen und -richtlinien
- Umdenken vom normierten Qualifikationsverständnis hin zu mehrdimensionalen Denk-, Qualifizierungs- und Arbeitsmodellen
- Internationalisierung des kreativen Inklusionsdialogs
Die umfassendste Antwort auf die abschließende Frage „wenn ich mir was wünschen dürfte“ lautete: Dass wir in zehn Jahren hier nicht mehr sitzen müssten …
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