Michael Dörner, Professor an der Hochschule für Künste im Sozialen Ottersberg, berichtet im Interview mit Lis Marie Diehl, wie im Rahmen des EUCREA-Projekts ARTplus Menschen mit Beeinträchtigung als Studierende eingebunden werden.
Lis Marie Diehl: Aus welcher Motivation heraus haben Sie / die HKS am Projekt teilgenommen und wie passt das Projekt in das Profil der HKS? Gab es bereits vorher Aktivitäten zum Thema Inklusion?
Michael Dörner: Die HKS Ottersberg ist eine Hochschule, die sich mittels der Kunst, der Gesellschaft und dem Menschen verpflichtend gegenüberstehend sieht.
Mit ihren interdisziplinär und künstlerisch wissenschaftlich ausgerichteten Studienprogrammen agiert die Hochschule an der Schnittstelle von Kunst, sozialer Praxis und gesellschaftlicher Verantwortung. Die Arbeit mit Menschen mit Beeinträchtigung ist an verschiedenen Stellen unserer Lehrangebote zu finden. Hinzu kam, dass mein eigenes Interesse – bedingt aus einem Praktikum an einer Schule für Menschen mit geistiger Beeinträchtigung (Lebenshilfe) – über meinen späteren künstlerischen Werdegang hinaus immer präsent geblieben ist. Insofern fand das Angebot von Eucrea, mit dem Projekt ARTplus Menschen mit Beeinträchtigung als Studierende an unserer Hochschule einzubinden, fruchtbaren Boden. Für den Zeitraum von 2018 bis 2021 erhalten wir beispielsweise eine Förderung der Aktion Mensch.
Lis Marie Diehl: Wie würden Sie den Projektverlauf skizzieren?
Michael Dörner: Die grundsätzliche Problematik besteht immer zunächst darin, dass es wie an allen anderen Hochschulen und Akademien ein Aufnahmeverfahren gibt. In diesem Fall wurde von Eucrea schon eine Vorauswahl getroffen. Wir haben uns an der Hochschule dann nur die Mappen angeschaut und ein Gespräch in der Gruppe geführt. Da es sich noch nicht um ein Vollzeitstudium handeln sollte, haben wir uns auf ein Gasthörerstudium geeinigt. Das reguläre Aufnahmeverfahren war noch nicht notwendig, wäre aber sicherlich auch für einige kein Problem gewesen. Diejenigen, die bereit waren, die aufwendige Anfahrt in Kauf zu nehmen, haben dann anschließend mindestens an einem vollen Tag im Klassenverband und teilweise auch an einigen Lehrveranstaltungen an anderen Tagen teilgenommen.
Lis Marie Diehl: Was war ggf. einfacher, als Sie sich vorher vorgestellt hatten? Was war schwieriger? Was hat z. B. in Ihrem Seminar stattgefunden?
Michael Dörner: In meinem Unterricht gab es keine Probleme. Im Gegenteil, die Teilnahme von den Studierenden im Seminar brachte ganz neue Impulse mit sich. Es wurden beispielsweise durch ungewöhnliche Fragestellungen bestimmte Sachverhalte oder bereits vorausgesetztes Wissen neu hinterfragt. Begriffe, über die nicht mehr nachgedacht wurde, standen wieder ganz unverbraucht im Raum. Das war sehr spannend. Da wir keinen reinen Praxisunterricht geben, sondern sehr viel Raum für Arbeitsgespräche und kunsttheoretische Wissensvermittlung im praktischen Kontext geben, ist so ein Achtstundentag für jede und jeden eine Herausforderung. Das hatten sich unsere neuen Gasthörerinnen und Gasthörer sich sicher nicht so vorgestellt. Aber das ging nach einer Weile sehr gut.
Lis Marie Diehl: Gab es denn im Projektverlauf Probleme oder Überraschungen? Welche Lösungen wurden für Probleme gefunden?
Michael Dörner: Das gesamte Projekt verlief in meinen Augen reibungslos. Die Organisation des Transports und der Assistenz lag ja zunächst nicht in unserer Hand. In den ersten Wochen gab es einen Fahrdienst und die Studierenden wurden ein Semester lang durch eine Assistentin begleitet. Sie hat dann ja auch gerne an der Lehre teilgenommen.
Als die Betreuung aufhörte, haben wir eine Art „Engelsystem“, was es sowieso schon gab, etwas erweitert. Es dreht sich hierbei meist um Zwischenfragen – wie zum Beispiel ein Künstler oder eine Künstlerin, die genannt wurde, geschrieben wird. Dann haben die „Engel“, um den Unterrichtsverlauf nicht zu stören, den Namen mal eben auf ein Blatt Papier aufgeschrieben. Schon nach einigen Wochen gab es eine sehr gute Vertrauensbasis, sodass jede Unsicherheit, die vielleicht anfangs im Raum stand, sehr schnell nachgelassen hat.
Ein Studierender – Matti Wustmann – ist ja über den Projektverlaufszeitraum noch immer bei mir in der Klasse. Er musste nur ein Semester aussetzen, weil die Finanzierung seines Gasthörerstatus nicht geklärt war. Nun ist er schon sechs Semester bei mir in der Klasse. Ich habe vor der Tagung ein Interview mit ihm durchgeführt, von dem ich hier einige Aussagen vorspielen kann. [1]
Lis Marie Diehl: Welche Erwartungen, Fragen und ggf. auch Befürchtungen hatten Sie vor dem Projekt? Welche Effekte, Ergebnisse haben Sie sich vom Projekt versprochen? Welche sind bisher eingetreten, welche nicht? Welche unerwarteten Dinge sind dafür eingetreten?
Michael Dörner: So ganz unbeleckt bin ich nicht in dieses Projekt gegangen. Ich kannte die Schlumper aus Hamburg als Institution schon sehr gut. Mit einigen Künstlerinnen und Künstlern der Schlumper war ich schon vertraut. Jetzt ging es ja nur darum zu schauen, ob in einem regulären Hochschulbetrieb ein Studieren auf Augenhöhe möglich ist. Dass diese jungen Menschen gute Kunst machen können, haben wir ja in den Mappen gesehen. Interessant war, welche Reflexionsebenen über Kunst möglich sind. Wie hoch ist die Belastbarkeit, Ausdauer, inwieweit können sie den Ausführungen folgen?
Ich habe den Eindruck gewonnen, dass einige durchaus fähig sind, den Bachelor zu absolvieren. Jede und jeder Studierende hat Schwächen und Stärken und vielleicht wird auch etwas mehr Zeit für das Studium benötigt. Dieses Problem ist aber nicht neu. Einige unserer Studierenden schaffen den Bachelor nicht in der Regelstudienzeit von vier Jahren. Das kann ganz unterschiedliche Gründe haben.
Lis Marie Diehl: Hat sich durch die Teilnahme der Studierenden mit Behinderung aus Ihrer Sicht an der Lehre etwas geändert? Wie schätzen Sie die Reaktion der anderen Studierenden ein? Gab es zum Projekt konkrete Rückmeldungen?
Michael Dörner: Es hat sich überhaupt nichts – weder an der Struktur noch am Ablauf in der Lehre – geändert. Warum auch? Es gab hierfür keine Notwendigkeit. Auch von der Seite der Kommilitoninnen und Kommilitonen gab es hierzu keinerlei Äußerungen. Es war vielleicht schade, dass sich die Studierenden mit Behinderung nicht an den mehrtägigen Exkursionen beteiligt haben. Das haben wir alle bedauert. Da müssten wir einmal schauen, woran das liegt und was zu ändern wäre. Es gab ansonsten nur positive Statements von den Kommilitoninnen und Kommilitonen. Wir könnten uns vorstellen, dass weitaus mehr Menschen mit Behinderung bei uns studieren würden.
Lis Marie Diehl: An welchen Stellen profitieren die Studierenden mit Behinderung aus Ihrer Sicht an der Teilnahme besonders? Gibt es auch Aspekte, von denen die anderen Studierenden profitieren? Gibt es einen Gewinn für die Institution? Sehen Sie für sich persönlich einen Mehrwert?
Michael Dörner: Die Menschen mit Beeinträchtigung profitieren natürlich davon, dass sie mit allen anderen auf Augenhöhe studieren können. Sie merken sehr schnell, dass es keine Unterschiede gibt bzw. dass keine gemacht werden und dass sie in vielen Dingen vielleicht sogar schneller oder besser sind. Das erzeugt ein großes Selbstbewusstsein. Alle Studierenden profitieren von dieser Erkenntnis. Da die gesellschaftlichen und sozialen Aspekte in der Kunst an unserer Hochschule dauerhaft präsent sind, fällt vieles leichter. Das mag an Kunstakademien mit einem extremen Exzellenzdruck vielleicht in eine andere Richtung verlaufen. Jedoch glaube ich, dass auch der Exzellenzbegriff einmal überdacht werden sollte.
Lis Marie Diehl: Ist die HKS Ottersberg aufgrund ihrer Struktur evtl. besonders geeignet? Wie könnte man so ein Projekt in die Fläche bringen? Was könnte man an anderen Kunsthochschulen machen? Was sind ggf. Vor- und Nachteile der verschiedenen Systeme?
Michael Dörner: Die HKS Ottersberg besitzt aufgrund ihrer Geschichte, die Gründung war vor mehr als 50 Jahren, mit den Bachelor-Studiengängen Kunst im Sozialen. Kunsttherapie, Freie Bildende Kunst und Tanz und Theater im Sozialen. Tanzpädagogik und seit zwei Jahren auch Soziale Arbeit mit dem ausgewiesenen Schwerpunkt kunstbasiert, schon das gesellschaftliche Moment der Teilhabe in sich. Inklusion sollte also kein Fremdwort sein. Nichtsdestotrotz ist auch unsere Institution als staatlich anerkannte Hochschule dem niedersächsischen Hochschulgesetz verpflichtet. Unsere Erfahrung zeigt, dass es nicht unbedingt an den Zulassungsmodalitäten liegt, sondern eher daran, dass sich viele Menschen mit Behinderung das Studium nicht zutrauen – oder es ihnen von den Personen um sie herum nicht zugetraut wird. Da unsere Hochschule eine überschaubare Größe hat, wir laufend persönliche Beratungen anbieten und sich fast alle kennen, ist die Hürde, sich zu bewerben, nicht so groß. Aber sie besteht auch bei uns. Deshalb ist es so wichtig, dass es ARTplus mit seinem Programm gibt, das Hürden, die es eigentlich nicht geben sollte, abbaut. Vielleicht müsste genau an der Stelle mehr getan werden.
Lis Marie Diehl: Wie schätzen Sie das Wissen um bzw. die Offenheit für/das Interesse an dem Thema Inklusion in der Landschaft der Kunsthochschulen insgesamt ein? Falls es ein Interesse gibt – wie könnte das genutzt werden, um das Thema präsenter zu machen? Falls es keine große Offenheit gibt, wodurch ließe sich diese erhöhen?
Michael Dörner: Es fällt mir schwer zu beurteilen, wie es an anderen Hochschulen zugeht. Meine eigene Zeit an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg liegt lange zurück. Dennoch glaube ich, dass gerade in der Kunst eine sehr große Offenheit herrscht. Vielleicht müssten die Kunsthochschulen offensiver mit dem Angebot oder der Möglichkeit des Kunststudiums auf Menschen mit Behinderung zugehen. Wie das im Detail aussehen kann, weiß ich nicht.
In unserer Hochschule arbeiten wir gerade daran, einen Schwerpunkt in der Sozialen Arbeit mit einer Art Tandemstudium im Zentrum einzurichten. Studierende mit Behinderung studieren gleichzeitig mit Studierenden der Sozialen Arbeit. So entsteht eine künstlerische Assistenz mit gleichen künstlerischen Interessen. In der Folge könnten Freie Ateliers entstehen, in denen beide als Künstlerinnen und Künstler auf Augenhöhe arbeiten und sich unterstützen.
Interview mit Matti Wustmann, Projektteilnehmer von ARTplus an der HKS Ottersberg[2]
Qualifikation und Belastung
Ich hatte vorher nicht gedacht, dass irgendetwas Vergleichbares so möglich ist, weil ich ansonsten nicht die Vorstellung hatte, dass ich mal in der Lage wäre, überhaupt zu studieren. Weil Ich immer gedacht habe, dass ich nicht für ein richtiges Studium geeignet bin und dass ich auch bestimmte Qualifikationen – wie Schulabschluss und sowas – nicht erfüllen würde. Auch so etwas wie eine Gasthörerschaft kannte ich nicht. Ich habe gedacht, wenn man studieren will, dass man auch irgendwie ein volles Studium machen muss oder gar nicht und was anderes wusste ich nicht, dass es das auch gibt. Ich habe bei manchen Sachen auch angenommen, dass man für bestimmte Sachen die Qualifikationen mitbringen muss und dass es dann auch andere Möglichkeiten gibt, ist mir irgendwie nie so richtig in den Sinn gekommen.
Ich habe angenommen, dass die Anforderungen generell eher hoch sind und wenn man die nicht erfüllt, dann muss man mal gucken, dass man sich entweder weiterbildet, um den Anforderungen zu entsprechen oder dass man das und das dann nicht machen kann.
Mit dem Leistungsdruck ist das so eine Sache, aber ich glaube, von wegen der allgemeinen Belastung, habe ich das Gefühl, dass wenn ich jetzt Vollzeit studieren würde, wäre das mehr als bloß den Donnerstag oder so. Ich glaube, das wäre bei einem Vollzeitstudium für mich durchaus eine gewisse Belastung.
Organisation – Finanzierung
Also, vier Semester konnte ich über das Projekt ARTplus hier studieren und nach dem vierten existierte diese Projektfinanzierung nicht weiter und ich musste mich umstellen auf das persönliche Budget. Das hat aber gedauert, weil der Zuständige dafür nicht so gut erreichbar ist usw. Es hat auch gedauert bis dann eine Rückmeldung kommt und so. Deswegen ließ sich das für mein theoretisch fünftes Semester nicht zeitnah organisieren und ich musste erst einmal pausieren. Im darauffolgenden Semester, was ich hier dann wieder absolviert habe, war es so, dass es beinahe ins Wasser gefallen wäre. Ich hatte das zwar schon halb in die Wege geleitet, aber bestimmte Sachen waren immer noch nicht geklärt und im Grunde begann das Semester eigentlich schon, als ich erst noch so eine quasi Anhörung hatte, wo noch mal besprochen wurde, ob mir das überhaupt genehmigt wird und so. Es war alles zeitlich sehr knapp. Deswegen war es prinzipiell so, dass ich mich für mein Semester, für das ich mich ohne 100-prozentige Zusage aber schon mal angemeldet hatte, weil ich keinen Bock hatte, dass ich irgendwie komplett die Anmeldephase versäume und dann eventuell gar nicht mehr reinzukomme. Soweit. Dann war es in die Wege geleitet und es wurde mir das Ganze erst einmal für ein Jahr genehmigt.
Lerneffekt
Ich könnte mir schon vorstellen, noch weiter zu studieren. Ich weiß jetzt nicht, ob ich das noch bis zum 10. Semester machen würde, aber einige Zeit könnte ich mir das schon noch vorstellen. Ich denke schon, dass ich immer noch etwas lerne. Der Lerneffekt ist bei manchen Dingen erst auf Dauer. Es ist nicht so, dass ich immer jede Woche das Gefühl habe, was Neues zu lernen, sondern eher auf Dauer das Gefühl habe, nach und nach noch Neues gelernt zu haben.
Vollzeitstudium
Wenn ich Vollzeit studieren würde, wäre ich auch nicht mehr berechtigt, in der Werkstatt zu arbeiten. Das wäre dann auch ein anderes Ding. Das würde potenziell bedeuten, dass ich irgendwo auf den ersten Arbeitsmarkt gehen und mir dann noch woanders Arbeit suchen müsste, um dann neben dem Studium noch irgendwie Geld zu haben. Das würde sich ja auch nicht alles von allein bezahlen. Das würde mich auch vor gewisse Probleme stellen. Also einerseits die Sache, dass ich den anderen Status verlieren würde. Dass ich dann potenziell gezwungen wäre, mich irgendwie arbeitsmäßig total umzustellen, weil ich als Vollzeit-Studierender den Werkstattstatus nicht gleichzeitig beanspruchen kann und so und dann müsste ich mich woanders hin orientieren, was dann auch für mich Stress bedeuten würde.
Also mit der Belastung und so, vielleicht schätze ich das auch zu hoch ein, aber ich habe schon das Gefühl, dass die Sachen mit Leistungsdruck nicht ohne wären für mich. Aber ich weiß nicht, so in der Position, wo ich jetzt bin, habe ich auch nicht wirklich Leistungsdruck. Da haben die ja auch Sachen abzuliefern, die ich nicht liefern muss, weil ich ja in der Regel keine Prüfungen machen muss. Ich glaube, wenn ich immer Prüfungen machen müsste, würden die Sachen, um auf Noten und Punkte zu kommen für mich schon (langgezogen) … Also ich weiß, dass das jetzt für andere Leute, die in einer vergleichbaren Position wären, auch machbar ist, aber generell ist es so, dass es für die Leute aus dem Bereich Asperger nicht ungewöhnlich ist, dass die Leute in der Lage sind zu studieren. Aber auch teilweise länger brauchen, als es andere Leute machen würden.
Routine
Wenn man sich an Dinge gewöhnt und sich eine gewisse Routine einstellt, dann ist das ein gewisses Gefühl von Sicherheit, wenn etwas nach einer Weile vertraut ist. Es ist teilweise immer schwierig, wenn man sich an neue Umstände oder so gewöhnen muss. Deswegen meinte ich auch, dass ich glaube, dass wenn sich zum Beispiel durch mein Vollzeitstudium mein Arbeitsstatus ändern würde, dass das für mich auch eine Belastung wäre, weil ich mich dann an total viele neue Sachen gewöhnen müsste, was dann zu einer Menge Stress führen wird.
Vor zehn Jahren hätte ich mir das mit dem Allein-so-Hin-und-Herfahren auch noch nicht so zugetraut. Früher war es generell mit vielen Sachen so, mit größeren Strecken, diese so alleine zu bewältigen und so. Es war etwas, woran ich mich langfristig gewöhnen musste. Das geht auch nicht auf die Schnelle.
Klassensituation
Ich würde schon sagen, dass ich mich wohlfühle. Es ist nur manchmal nicht ganz einfach, bei so vielen Leuten den Überblick zu behalten. Auch manchmal gerade, wenn manche Leute nicht immer da sind. Ich bin halt nicht in jeder Situation unbedingt der Gesprächigste, aber ich würde nicht sagen, dass ich mich irgendwie unwohl oder ausgeschlossen fühle. Wenn ich das jetzt so mit einer Schulklasse oder Schule vergleichen würde, ist hier vieles vergleichsweise harmloser. Vielleicht auch, weil alle etwas reifer sind und man sich im Studium nicht mehr so kabbeln muss wie das in der Schule so ist. Da habe ich in der Schule über Jahre ganz andere Sachen erlebt. In der Schule haben manche Leute die Sachen halt einfach weniger ernst genommen und dadurch mehr Unfug angestellt. Da merkt man dann schon einen Unterschied zwischen Studium und Schule früher.
Hilfestellung
Es gab von manchen Studierenden aus der Klasse damals die Sorge, dass wenn das jetzt mit dem Inklusiven Projekt beginnt, dass es sein kann, dass die anderen Leute vielleicht viel Unterstützung benötigen könnten und man als Studierender nicht mehr bloß irgendwie Klassenkamerad oder Kommilitone ist, sondern dass man dann irgendwie deutlich aktiver irgendwelchen Leuten unter die Arme greifen müsste. Aber das hat sich halt herausgestellt, dass die Befürchtungen auch unbegründet waren.
Kommunikation
Man muss ab und zu mal gucken wegen der Planung und so was. Den Überblick zu behalten, dass man zum Beispiel darauf achten muss, die E-Mails zu lesen. Was zum Beispiel bei anderen oft nicht der Fall war. Es kann auch sein, dass er einfach ein volles Postfach hatte. Bei ihm kam es häufiger vor, dass er irgendwelche E-Mails nicht gelesen hat. Aber ansonsten würde ich sagen, dass es auf jeden Fall mit der Kommunikation geklappt hat.
Das Projekt ARTplus
Zahlreiche Künstlerinnen und Künstler arbeiten in Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM). Oft haben sie nicht die Möglichkeit, eine Bildungseinrichtung zu besuchen, an der auch Künstlerinnen und Künstler ohne Behinderung lernen, z. B. eine Kunsthochschule. Im Rahmen von ARTplus können Künstlerinnen und Künstler mit Behinderung in Kultureinrichtungen, z. B. in einem Stadttheater, mitarbeiten oder an einer Kunsthochschule studieren. Künstlerinnen und Künstler mit Behinderung können sich auf diese Weise daran gewöhnen, an einer einer Kunsthochschule zu lernen, Professorinnen und Professoren können sich daran gewöhnen, Menschen mit Behinderung zu unterrichten und nicht zuletzt können sich Gäste und Publikum daran gewöhnen, dass Künstlerinnen und Künstler mit Behinderung Bildende wie Darstellende Kunst produzieren.
ARTplus ist ein Projekt von EUCREA. Es startete als Modellversuch im Jahr 2015.
Weitere Informationen:
https://www.eucrea.de/aktuelles/artplus
[1] Die Audiodateien des Studierenden Matti Wustmann aus dem Projekt ARTplus, die während des Interviews eingespielt wurden, werden auf Grund der besseren Lesbarkeit erst am Ende als Transcript aufgeführt.
[2] Auszüge der Abschrift des Interviews am 17. Oktober 2019 in der HKS Ottersberg. Der Auszug wurde weitestgehend im Original belassen. Lediglich Füllwörter, Pausen und Wiederholungen wurden herausgeschnitten, unvollständige Sätze gestrichen oder falls möglich ergänzt.
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