Die ZAV-Künstlervermittlung bringt Bewerberinnen und Bewerber regional und überregional in die Sparten Schauspiel, Musiktheater, Film und Fernsehen, Unterhaltung und Werbung. Bisher gibt es keinen Aktionsplan zur Inklusion von darstellenden Künstlerinnen und Künstlern, doch möchte die ZAV zukünftig "ein stärkeres Augenmerk auf Kunstschaffende mit Behinderung" legen.
Herr Kleinfeld, Sie sind verantwortlicher Bereichsleiter für die ZAV-Künstlervermittlung. Können Sie hier kurz den Aufgabenbereich der ZAV skizzieren?
Die ZAV-Künstlervermittlung vermittelt geeignete Bewerberinnen und Bewerber regional und überregional in den Sparten Schauspiel, Musiktheater, Film und Fernsehen, Unterhaltung und Werbung. Bei den Arbeitsvermittlerinnen und -vermittlern der ZAV-Künstlervermittlung handelt es sich daher ausschließlich um sogenannte Fachexpertinnen und -experten mit einem besonderen beruflichen Hintergrund. Das heißt, die Kolleginnen und Kollegen verfügen über eine entsprechende künstlerische Ausbildung mit Hochschulabschluss in der jeweiligen Fachsparte und mit einer entsprechenden Berufserfahrung in der Besetzung von künstlerischen Vakanzen.
Grundsätzlich ist die Arbeit der ZAV-Künstlervermittlung auf die Vermittlung sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse ausgerichtet. Zwischenzeitlich ist durch die Änderung des § 36 SGB III auch eine Hinweisberatung auf selbstständige Tätigkeiten möglich. Diese gesetzliche Regelung ermöglicht es der ZAV-Künstlervermittlung, auch im Wechselspiel freiberuflicher und abhängiger Beschäftigung tätig zu werden.
Die strukturierte und systematische Beobachtung des spartenspezifischen Arbeitsmarkts und die entsprechende Information von Auftraggebern und Bewerberinnen und Bewerbern gehört ebenfalls zu den Aufgaben der ZAV-Künstlervermittlung. Hier können wir beispielsweise dokumentieren, dass eine Besonderheit des Arbeitsmarkts darstellender Künstlerinnen und Künstler ist, dass die Bewerberinnen und Bewerber aufgrund der Art der Beschäftigungsverhältnisse (Tages-, Stück-, Spielzeitenverträge) dauerhaft von Arbeitslosigkeit bedroht sind.
Welche Rolle spielt bei Ihnen das Thema Inklusion?
Ich muss gestehen, dass dieses Thema bisher bei uns nur von geringer Bedeutung ist, da der betroffene Personenkreis, der sich bisher an uns gewendet hat, sehr klein ist. In den letzten drei Jahren hatten wir nur drei Bewerbungen von Menschen mit Behinderung, die alle von uns auch in Arbeit vermittelt werden konnten. Bisher gibt es in der ZAV-Künstlervermittlung auch keinen Aktionsplan zur Inklusion von darstellenden Künstlerinnen und Künstlern.
Wie können Sie sich die geringen Bewerberzahlen erklären? Ist der Anteil an darstellenden Künstlerinnen und Künstlern mit Behinderung so gering? Oder sehen Sie andere Barrieren?
Ich sehe hier die Barrieren in der Tat an anderer Stelle. Die Ausschreibungen an öffentlichen Bühnen, die wir betreuen, bedingen alle einen entsprechenden fachlichen Hochschulabschluss. Für diese Plätze an künstlerischen Hochschulen gibt es wesentlich mehr Bewerbungen und ein entsprechend hartes Auswahlverfahren, das den Aspekt der Inklusion nicht mitdenkt. So gab es beispielsweise unter den diesjährigen Absolventinnen und Absolventen aller Schauspielschulen nicht einen einzigen Bewerber oder eine einzige Bewerberin mit Behinderung. Solange die künstlerischen Hochschulen sich nicht dem Thema Inklusion annehmen, wird es, meine Vermutung, für die ZAV hier auch weiterhin ein Randthema bleiben.
Welches Fazit ziehen Sie für sich und die ZAV nach dem Expertentreffen des Netzwerks Kultur und Inklusion in der Akademie der Kulturellen Bildung des Bundes und des Landes NRW zum Thema „Arbeitsmarkt“?
Das Netzwerktreffen hat für alle beteiligten Expertinnen und Experten, glaube ich, noch einmal deutlich gemacht, dass wir das Thema Inklusion im Bereich der Kultur vielfach nur auf das Publikum beziehen und uns bisher noch zu wenig Gedanken gemacht haben, wie man dem Themenfeld Inklusion auf den professionellen Bühnen gerecht werden kann. Auch wurde in allen Bereichen deutlich, dass es bisher viel zu wenig Datenmaterial zum Thema gibt. Hier werden wir künftig bei der ZAV ein stärkeres Augenmerk auf Kunstschaffende mit Behinderung legen.
Mich persönlich hat die Tagung motiviert, eine Lotsenfunktion einzunehmen für das Thema Inklusion von darstellenden Künstlerinnen und Künstlern innerhalb meiner Organisation und hier Inhalte, Fragen und Problemfälle immer direkt an die entsprechenden Stellen in die Organisation Bundesagentur für Arbeit zu transportieren.
Eine letzte Frage: Wie ist Ihre persönliche Einschätzung? Was müsste kulturpolitisch getan werden, dass künftig auch darstellende Künstlerinnen und Künstler mit Behinderung auf professionellen Bühnen angemessen vertreten sind und wir eine inklusive Gesellschaft auch auf den Bühnen und nicht nur im Publikum repräsentieren?
Es sollte grundsätzlich zwischen dem Arbeitsmarkt für darstellende Künstlerinnen und Künstler und künstlerischen Produktionen von/mit Menschen mit Behinderung unterschieden werden.
Beim Arbeitsmarkt für darstellende Künstlerinnen und Künstler geht es aus meiner Sicht um den Zugang zu den Ausbildungseinrichtungen und die Frage in welcher Form und in welchem Umfang hier Zugangswege für Menschen mit Behinderung geöffnet werden können (z. B. Quotenregelungen). Bei den Produktionen von/mit Menschen mit Behinderung geht es darum, ob die Stadt- und Staatstheater in ihren Spielplänen Raum für derartige Produktionen schaffen wollen/können. Hier ist natürlich die Kulturpolitik gefordert.
Das Gespräch führte Susanne Keuchel.
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